Gefühle

Toxische Freundschaft: Warum wir bleiben und wie wir uns lösen können

Manchmal fühlt sich eine Freundschaft nicht mehr nach Geborgenheit an, sondern nach Druck, Anspannung und Verwirrung. Du spürst, dass dir der Kontakt nicht guttut und bleibst trotzdem. Weil die gemeinsame Geschichte schwerer wiegt als dein Bauchgefühl.  Weil du gelernt hast, loyal zu sein, selbst wenn es dich erschöpft. Oder weil dir diese Art von Nähe seltsam vertraut ist, obwohl sie wehtut. Genau das macht eine toxische Freundschaft so tückisch: Sie hält dich in einer Beziehung, die dich schwächt, anstatt dich zu stärken. In diesem Beitrag erfährst du:

  • Woran du toxische Freundschaften erkennst
  • Warum sie dich emotional so stark binden
  • Wie dein inneres Kind dabei wirkt
  • Wie du dich aus einer toxischen Freundschaft lösen kannst, obwohl du zweifelst

Inhaltsverzeichnis

Woran du eine toxische Freundschaft erkennst

Eine toxische Freundschaft erkennst du nicht daran, dass es mal Streit gibt oder ihr euch nicht immer einig seid. Das gehört zu jeder gesunden Verbindung. Es geht vielmehr darum, wie du dich langfristig in dieser Beziehung fühlst und wie sehr du dich dafür verstellen musst.

Frage dich:

  • Spürst du innerlich Anspannung, wenn ihr euch trefft? 
  • Hast du das Gefühl, dich rechtfertigen oder klein zu machen zu müssen, damit die Verbindung hält? 
  • Merkst du, dass die Freundschaft nur dann stabil bleibt, solange du die Erwartungen der anderen Person erfüllst? 

Toxische Freundschaften arbeiten oft mit subtiler Kontrolle. Du wirst kritisiert, wenn du dich veränderst oder distanzierst. Deine Grenzen werden ignoriert oder ins Lächerliche gezogen. Nähe fühlt sich nicht mehr nach Geborgenheit, sondern fordernd an. Mal wirst du als die wichtigste Bezugsperson idealisiert, dann wieder abgewertet oder ausgeschlossen.

Das Ergebnis dieser Dynamik: Dein Selbstwert leidet. Du beginnst, dich selbst infrage zu stellen. Und obwohl du merkst, dass dir der Kontakt nicht guttut, findest du keinen klaren Ausweg. Genau darin liegt das Toxische: Die Freundschaft raubt dir nicht nur Energie, sie trennt dich auch von deinem inneren Gleichgewicht und vom echten Kontakt zu dir selbst.

Tabelle mit fünf Gegenüberstellungen typischer Aussagen aus gesunden und toxischen Freundschaften.

Warum du dich nicht löst, obwohl du längst leidest

Dass du in einer toxischen Freundschaft bleibst, obwohl sie dir schadet, hat nichts mit mangelnder Stärke zu tun. Es liegt meist tiefer in alten Beziehungsmustern, die dir vertraut sind.  Viele Menschen haben schon in der Kindheit gelernt: Nähe gibt es nur unter Bedingungen. Vielleicht wurde Zuwendung entzogen, wenn du “zu viel” warst, vielleicht gab es Kritik oder emotionale Unsicherheit. Genau solche Erfahrungen prägen das innere Bild von Bindung. Und auch wenn sie schmerzhaft waren, fühlen sie sich vertraut an und genau darin liegt die Falle einer toxischen Freundschaft. 

Wenn du zu den Menschen gehörst, die einen unsicher-ängstlichen Bindungsstil entwickelt haben, verstärkt sich dieser Mechanismus. Aus Angst vor Zurückweisung oder Alleinsein versuchst du, Nähe durch Anpassung zu sichern. Du gibst mehr, als du bekommst, entschuldigst dich für Dinge, die dich eigentlich verletzen, und hoffst, dass du durch dein Entgegenkommen wichtig bleibst. 

Dein inneres Kind hält an dem Glaubensatz festt: “Wenn ich lieb und angepasst bin, werde ich nicht verlassen”. Dieser unbewusste Versuch, Liebe zu sichern, bindet dich paradoxerweise an eine Freundschaft, die dir schadet. 

Wichtig ist, zu verstehen: Du musst nicht warten, bis es “schlimm genug” ist oder du einen Beweis dafür hast, dass es wirklich toxisch ist. Es reicht, wenn du ehrlich wahrnimmst: “Ich verliere mich in dieser Verbindung, ich erkenne mich selbst nicht mehr wieder”. Allein dieses Gefühl ist Grund genug, dich zu lösen und dich stattdessen Freundschaften zuzuwenden, die dir Halt, Wertschätzung und echte Nähe schenken. 

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Wie du dich löst, ohne dich selbst zu verlieren

Der erste Schritt raus aus einer toxischen Freundschaft beginnt selten mit einer spontanen Trennung. Viel wichtiger ist zunächst ein klarer Blick: Auf das, was du dir vielleicht schon lange schön redest und auf das, was dich in Wahrheit schwächt. Oft zeigt sich erst in der Rückschau, dass du dich über Jahre angepasst hast, bis kaum noch etwas von deinem authentischen Ich übrig war.

Wenn du das Gefühl hast, du müsstest dich dauerhaft verstellen, um in der Verbindung bleiben zu dürfen, ist das keine Freundschaft auf Augenhöhe. Dann geht es nicht mehr um Nähe, sondern um Anpassung und Angst, verlassen zu werden. Eine gesunde Freundschaft lässt dich sein, wie du bist – eine toxische Freundschaft zwingt dich, dich selbst zu verleugnen.

Was dir hilft, dich Schritt für Schritt zu lösen:

  • Abstand nehmen: Indem du weniger Zeit investierst, schaffst du Raum für Klarheit. 
  • Grenzen benennen: Auch wenn es unangenehm ist, ist das ein Akt von Selbstfürsorge.
  • Aufhören, dich zu rechtfertigen: Du musst deine Gefühle und Bedürfnisse nicht verteidigen.
  • Deinem Gefühl vertrauen: Wenn du spürst “Es reicht”, dann ist dieses innere Signal Grund genug, zu handeln.

Psychologisch betrachtet bedeutet dieser Prozess, die Bindung zu deinem inneren Kind zu stärken. Dein inneres Kind braucht heute nicht mehr eine Liebe, die du dir teuer durch Anpassung erkaufen musst – es braucht deine eigene Loyalität. Je mehr du dir selbst glaubst, desto leichter wird es, dich von einer toxischen Freundschaft zu distanzieren, ohne dich schuldig zu fühlen.

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Wenn du gegangen bist und trotzdem zweifelst

Vielleicht hast du dich schon innerlich distanziert oder sogar ganz den Kontakt abgebrochen. Und trotzdem fragst du dich: “War es richtig? Habe ich zu schnell aufgegeben? War ich zu hart? Hätte ich die toxische Freundschaft nicht doch noch retten können?”

Diese Zweifel sind normal. Denn der Schmerz verschwindet nicht automatisch, nur weil du die Verbindung beendet hast. Vor allem dann nicht, wenn du lange gehofft hast, dass sich etwas verändert oder wenn du dich in dieser Freundschaft über Jahre ein Stück weit selbst definiert hast. Der Verlust fühlt sich nicht nur wie der Abschied von einer Person an, sondern auch wie ein Abschied von einem Teil deiner Identität. 

Manchmal vermissen wir gar nicht die Person selbst, sondern das Gefühl, das wir mit ihr verbunden haben. Das Gefühl, gebraucht zu werden, wichtig zu sein oder wenigstens nicht allein zu sein. Genau hier meldet sich dein inneres Kind, das sich nach Zugehörigkeit und Sicherheit sucht. Aber es braucht keine zerstörerische Nähe, die dich auf Dauer verletzt. Es braucht einen sicheren, liebevollen und verlässlichen Umgang mit dir selbst. 

Wenn du zweifelst, erinnere dich: Du bist gegangen, weil du dich in dieser toxischen Freundschaft selbst nicht mehr wiedererkannt hast. Weil dein Bauchgefühl klarer war als alle Ausreden. Und weil du spürst: Nähe darf sich niemals wie Selbstaufgabe anfühlen.

Fazit: Dein Selbstwert ist wichtiger als jede Vergangenheit

Eine toxische Freundschaft zu beenden tut weh. Aber zu bleiben, obwohl du dich innerlich längst verabschiedet hast, verletzt dich auf Dauer noch mehr. Eine toxische Freundschaft zerrt nicht nur an deinem Selbstwert, sondern auch an deinem inneren Gleichgewicht und an deinem Gefühl, genug zu sein.

Du darfst dich abgrenzen, auch dann, wenn ihr viel gemeinsam erlebt habt oder andere Menschen es nicht nachvollziehen können. Dein Wert hängt nicht an der Vergangenheit und auch nicht daran, ob jemand deine Entscheidung versteht. Du brauchst keine Erlaubnis von außen, um dich selbst zu schützen. Es reicht, wenn du fühlst: “Ich verliere mich  und will das nicht mehr”. 

Echte Freundschaft ist ein Ort, an dem du aufatmen kannst. Sie lässt dich wachsen, statt dich kleinzumachen. Sie nährt dich, statt dich zu verunsichern. Und du darfst jedeerzeit entscheiden, wo du wieder Luft bekommst und welche Beziehungen dir guttun.

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Zusammengefasst

Ich habe den Kontakt abgebrochen aber vermisse die Freundschaft trotzdem. Ist das normal?

Ja, das ist völlig normal. Denn oft vermissen wir nicht die konkrete Person, sondern das Gefühl, das wir mit ihr verbunden haben: Nähe, Zugehörigkeit, Bedeutung. Besonders dann, wenn die Freundschaft viele Jahre ein wichtiger Teil deines Lebens war oder emotionale Bedürfnisse erfüllt hat, die du sonst kaum gespürt hast, hinterlässt ihr Ende eine Lücke. Wichtig ist, dass du dich erinnerst: Du hast dich nicht getrennt, weil alles schlecht war, sondern weil das Belastende dauerhaft überwogen hat. Eine toxische Freundschaft kann schöne Momente enthalten – doch das macht sie noch lange nicht gesund.  

Was, wenn ich selbst die toxischen Anteile mitbringe?

Dann hast du einen entscheidenden Schritt gemacht: Du nimmst dein eigenes Verhalten ernst und bist bereit, hinzuschauenToxische Muster entstehen oft aus alten Verletzungen, aus Angst, Kontrolle zu verlieren oder aus einem wackeligen Selbstwert. Wichtig ist, dass du dich nicht verurteilst, sondern neugierig hinterfragst: “Was löst mein Verhalten aus? Welche Ängste und Bedürfnisse stecken dahinter?” So kannst du beginnen neue Wege zu gehen. Veränderung braucht Zeit und professionelle Begleitung kann dich dabei wirkungsvoll unterstützen. Innere Klarheit bedeutet nicht, perfekt zu werden, sondern bewusster und freundlicher mit dir selbst umzugehen.

Wie kann ich eine Freundin unterstützen, die in einer toxischen Freundschaft steckt?

Du kannst sie nicht retten, aber du kannst für sie da sein. Verzichte auf Vorwürfe oder Druck und sprich stattdessen in Ich-Form über deine Beobachtungen: „Ich merke, dass du oft erschöpft bist, wenn du dich mit ihr triffst”. So signalisierst du Fürsorge, ohne sie zu bedrängen. Sei ein Gegenpol, biete Verständnis und Geduld an. Menschen in toxischen Freundschaften brauchen manchmal mehrere Anläufe, um sich zu lösen. Deine Haltung – mitfühlend, aber klar – ist das Wertvollste, was du ihr geben kannst.

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