Warum viel Lob nicht immer hilft
Vielleicht kennst du das aus deiner eigenen Kindheit: Du hast etwas gut gemacht und sofort kam ein “Super!”, “Wie brav du bist!” oder “Du bist unser kleiner Künstler!”. Oberflächlich klingt das positiv. Fühlt sich aber oft leer an. Oder macht abhängig von der Reaktion anderer.
Das Problem:
- Diese Form von Lob knüpft den eigenen Wert an Leistung oder Gehorsam.
- Es erzeugt subtilen Erwartungsdruck (“Wenn ich nicht gelobt werde, war es wohl nicht gut genug.”).
- Es lenkt die Wahrnehmung nach außen: “Was denken die anderen?” statt “Wie fühlt es sich für mich an?”
Kinder lernen dabei, sich über äußere Rückmeldung zu definieren, statt über ihre innere Überzeugung. Und genau hier liegt die Gefahr für ihren Selbstwert. Neue Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie zeigen, dass überhöhtes oder personenbezogenes Lob, gerade bei Kindern mit geringem Selbstwertgefühl, nach hinten losgehen kann, weil sie sich bei Misserfolgen umso mehr infrage stellen.
Bestärken statt bewerten: So funktioniert richtiges Loben
“Richtig loben” bedeutet nicht, inflationär Lob zu verteilen, sondern achtsam und konkret zu spiegeln, was das Kind erlebt, gefühlt oder geschafft hat. So lernen Kinder, sich selbst differenziert wahrzunehmen und entwickeln ein stabiles Selbstwertgefühl, das nicht von äußerer Bewertung abhängig ist.
Typische Unterschiede im Alltag:
- Statt. “Du bist so schlau!”
Lieber: “Du hast richtig überlegt und eine gute Lösung gefunden.” - Statt: “Du warst heute brav.”
Eher: “Ich habe gesehen, wie geduldig du gewartet hast.” - Statt: “Wow, was für ein schönes Bild!”
Lieber: “Du hast mit so viel Liebe die Farben ausgesucht.”
Was macht diese Form von Lob bestärkend?
- Es sieht den Prozess (das Wie) und nicht nur das Ergebnis
- Es würdigt die innere Haltung und Eigenschaften, wie Geduld, Mut oder Empathie.
- Es fördert Selbstwirksamkeit, also das Gefühl: “Ich kann etwas bewirken.”
Die aktuelle Forschung unterstreicht, dass ressourcenorientiertes Feedback nicht nur motivierend wirkt, sondern Kindern auch dabei hilft, sich in Übergangsphasen, wie beim Schulwechsel, emotional sicherer und selbstbewusster zu erleben.
Was dein inneres Kind mit Lob zu tun hat
Viele Erwachsene haben selbst nie, wertschätzendes, differenziertes Feedback erfahren. Vielleicht wurde nur Leistung gelobt oder Wohlverhalten belohnt. Solche Kindheitsmuster prägen dein heutiges Feedback-Verhalten. Deshalb lohnt sich die bewusste Auseinandersetzung mit dem inneren Kind. Wer als Kind nur durch äußere Anerkennung Wert erfuhr, fällt als Erwachsene:r oft in eine von zwei Rollen:
- Entweder: Übermäßig loben, um zu gefallen.
- Oder: Zurückhaltung, aus Angst, zu viel Einfluss zu nehmen.
Die gute Nachricht: Du kannst heute neue, gesunde Muster etablieren, für dich selbst und für die Kinder, die du begleitest. Dabei kann ein bewusster Umgang mit Lob eine Schlüsselrolle spielen.
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Konkrete Formulierungsbeispiele für Alltag und Beruf
Statt pauschalem Lob, versuche es mit diesen Formulierungen:
Für Eltern:
- “Du hast dir richtig viel Mühe gegeben! Ich sehe, wie konzentriert du warst.”
- “Das war bestimmt nicht leicht – ich finde es stark, dass du’s trotzdem versucht hast.”
- “Wie hast du dich dabei gefühlt? Ich bin neugierig, was du denkst.”
- “Du hast heute ganz allein daran gedacht. Das zeigt mir, wie selbstständig du bist.”
Für Pädagog:innen:
- “Du hast genau hingeschaut, was dein Freund braucht, das war sehr mitfühlend.”
- “Es ist mutig von dir, vor der Gruppe zu sprechen. Das zeigt Stärke.”
- “Du hast dich an die Regeln erinnert, auch wenn es schwer war, das war verantwortungsvoll.”
Tipp: Fokussiere dich auf das Wie statt auf das Was. Und frage auch immer wieder nach dem inneren Erleben des Kindes.
Fazit: Feedback, das wachsen lässt
Lob ist keine Erziehungsmethode, sondern Beziehungsarbeit. Wenn wir Kinder bestärken statt bewerten, lernen sie:
- sich selbst als kompetent und handlungsfähig zu erleben,
- unabhängig vom Urteil anderer ihren eigenen Wert zu erkennen,
- eine resiliente, innere Haltung zu entwickeln.
Und du selbst? Auch dein inneres Kind sehnt sich nach echter, ehrlicher Bestärkung. Vielleicht ist es Zeit, auch dir selbst öfter zu sagen: “Das war nicht perfekt, aber ich bin stolz, dass ich es versucht habe.”
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