Warum es nicht reicht, einfach “anders denken” zu wollen
Warum Glaubenssätze nicht verschwinden, sondern ersetzt werden wollen, was neuropsychologisch dahintersteckt und wie du neue tragfähige Überzeugungen aufbauen kannst, darum geht es in diesem Blogbeitrag.
Du erfährst:
- Warum dein Gehirn alte Glaubenssätze festhält
- Wie neuronale Netzwerke und Emotionen zusammenarbeiten
- Warum das Wort “auflösen” in die Irre führen kann
- Wie du mit neuen Narrativen alte Muster überschreibt
- Welche Übung dir hilft, deinen wichtigsten Glaubenssatz neu zu formulieren
Und: Warum der erste Schritt nicht Mut erfordert, sondern Mitgefühl.
Was sind Glaubenssätze – und warum sind sie so hartnäckig?
Glaubenssätze sind keine Gedanken, die wir bewusst gewählt haben. Sie sind entstanden. Geformt durch Erfahrungen, vor allem in der Kindheit. Immer dann, wenn sich eine Situation wiederholt hat oder mit starken Emotionen verbunden war, hat unser Gehirn daraus eine Schlussfolgerung gezogen. Eine Art “Regel für’s Leben”.
Beispiele:
- Wenn du für Fehler kritisiert wurdest, entsteht vielleicht der Glaubenssatz: “Ich darf nichts falsch machen”.
- Wenn deine Bedürfnisse nicht gesehen wurden: “Ich bin nicht wichtig”.
- Wenn du Leistung bringen musstest, um Anerkennung zu bekommen: “Ich bin nur wertvoll, wenn ich leiste”:
Diese Regeln laufen heute unbewusst mit. Sie beeinflussen, wie du dich selbst wahrnimmst, wie du dich verhältst, welche Entscheidungen du triffst. Und genau weil sie so früh entstanden sind, hat dein Gehirn sie tief verankert – als neuronales Netzwerk.
Was “Auflösen” wirklich bedeutet
Viele Menschen wollen ihre Glaubenssätze “auflösen”. Aber: Ein Gedanke, der tief verankert ist, verschwindet nicht einfach. Was du tun kannst, ist ihn zu entkräften. Ihn zu hinterfragen. Und schließlich: ihn zu ersetzen.
Die psychologische Forschung zeigt: Neue Überzeugungen setzen sich nur dann durch, wenn sie wiederholt gedacht, gefühlt und in dein Leben integriert werden.
Das heißt konkret:
- Du brauchst eine neue, positive Alternative zu deinem alten Glaubenssatz
- Diese Alternative muss emotional stimmig sein (nicht nur logisch)
- Du musst sie üben: denken, sprechen, schreiben, visualisieren
- Und: Sie muss in deinem Alltag ankommen – in deinen Handlungen, Entscheidungen und Beziehungen
Das Auflösen bedeutet also nicht “verschwinden lassen”. Es bedeutet: umlernen.
Die Rolle der Neuropsychologie – Hebb’sches Lernen & neue Narrative
Mit dem Satz “What fires together, wires together” (abgewandelt von “Neurons that fire together, wire together”) beschreibt der Neuropsychologe Donald Hebb ein Grundprinzip des neuropsychologischen Lernens: Wenn zwei Nervenzellen gleichzeitig aktiv sind, verstärkt sich die Verbindung zwischen ihnen.
Was bedeutet das für deine Glaubenssätze?
- Jeder Gedanke ist eine neuronale Verbindung
- Je öfter du ihn denkst, desto stärker wird er
- Vor allem, wenn er mit Gefühlen verbunden ist (z.B. Scham, Angst, Traurigkeit)
Das Problem: Dein Gehirn bevorzugt Bekanntes. Es ist energiesparend, auf alten Pfaden zu denken. Neue Gedanken brauchen mehr Aufwand – aber sie schaffen neue Pfade.
Das RAS (retikuläres Aktivierungssystem): Dieses Filtersystem im Gehirn sorgt dafür, dass du vor allem wahrnimmst, was zu deinem Glaubenssatz passt. Wenn du glaubst, “Ich bin nicht wichtig”, wird dein Gehirn Hinweise dafür sammeln: Menschen, die dich übergehen, Kritik, Misserfolge. Positive Erfahrungen werden ausgeblendet oder abgewertet (“Die meinen das doch nicht ernst”).
Die Lösung:
- Neue Glaubenssätze aktiv und bewusst wiederholen
- Visualisieren, wie dein Alltag aussieht, wenn du ihnen glaubst
- Emotionen dazunehmen: Was würdest du fühlen, wenn du wirklich glaubst – “Ich bin gut genug”?
Emotionale Verankerung – warum Denken allein nicht reicht
Glaubenssätze sind nicht nur Gedanken. Sie sind körperliche Gefühle. Reaktionen. Scham, Enge, Druck. Deshalb reicht es nicht, einen Satz einfach logisch zu ersetzen.
Das limbische System, insbesondere die Amygdala, speichert emotionale Erinnerungen. Wenn du in einer bestimmten Situation starke Gefühle hattest, ist dieser Kontext gespeichert. Und genau deshalb werden alte Glaubenssätze so leicht getriggert – auch wenn du weißt, dass sie irrational sind.
Was hilft:
- Atemtechniken zur Regulation
- Körperorientierte Methoden wie Embodiment
- Neue Erfahrungen machen (z.B. authentisch “Nein” sagen und erleben: Ich werde trotzdem nicht abgelehnt)
Die Übung: Glaubenssatz erkennen & ersetzen
Diese Übung kannst du direkt heute machen. Am besten schriftlich. Sie basiert auf Elementen der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) und Innerer-Kind-Arbeit (nach Stefanie Stahl).
- Identifiziere deinen Glaubenssatz – Frag dich:
- Wann fühle ich mich am kleinsten?
- Was sage ich dann innerlich zu mir?
- Was fühlt sich vertraut an – auch wenn es weh tut?
Beispiel: “Ich bin zu viel”. Oder “Ich bin nicht gut genug”.
- Hinterfrage den Satz
- Ist das wirklich wahr?
- Kann ich 100% sicher sein, dass das wahr ist?
- Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?
- Finde den Ursprung
- Woher kenne ich dieses Gefühl?
- Wer hat diesen Gedanken zuerst gedacht?
- War er vielleicht früher nützlich, ist aber heute überholt?
- Formuliere neu (ohne Negation!)
- Statt: “Ich bin nicht schlecht” besser: “Ich bin gut, so wie ich bin”.
- Statt: “Ich bin schwach” lieber: “Ich bin stärker, als ich glaube”.
- Wiederhole & verankere
- Lies dir deinen neuen Satz morgens und abends laut vor
- Schreibe ihn 10x per Hand
- Visualisiere eine Situation, in der du ihn lebst
- Spüre in deinen Körper: Wie würde sich das anfühlen?
Ein hilfreiches Tool, um neue Glaubenssätze in dir zu verankern ist die Selbsthypnose. In unserem Bestseller-Kurs “Unterbewusstsein stärken – mit Selbsthypnose” zeigt dir Stefanie Stahl, wie du neue Glaubenssätze entwickelst, mit einem Gefühl verbindest und sogar deine eigene Trance schreibst. Klicke hier, um auf die Kursseite zu gelangen.
Nachhaltige Integration im Alltag
Veränderung braucht Wiederholung. Und Struktur.
Tools für deinen Alltag:
- Affirmationskarten an Spiegeln oder als Handyhintergrund
- Reminder-Termine im Kalender
- Journaling: Täglich 1 Gedanke, der deinen Glaubenssatz stärkt
- Voice-Memos mit deiner Stimme
Mini-Ritual: Stell dich morgens 2 Minuten vor den Spiegel. Sage deinen neuen Glaubenssatz laut. Mit der Hand auf deinem Herz. Spüre, wie dein Körper reagiert. Und dann gehe mit dieser Haltung in den Tag.
Fazit: Du kannst nicht vergessen, was du erlebt hast. Aber du kannst lernen, dich heute neu zu sehen.
Glaubenssätze entstehen früh. Aber du bist nicht dein alter Satz. Du bist heute nicht mehr die vergangene Version deiner Selbst. Du kannst neue Sätze finden, die dich stärken. Neue Erfahrungen machen. Neue Netzwerke knüpfen – im Gehirn, im Leben, in Beziehungen.
Und das ist kein schneller Prozess. Aber ein mächtiger. Denn: Wenn du dich selbst nicht mehr klein denkst, denkst du dich frei.
Willst du deine Glaubenssätze noch tiefer verstehen und nachhaltig verändern? Dann entdecke jetzt den Online-Kurs “Das Kind in dir muss Heimat finden” in der Stefanie Stahl Akademie. Klicke hier, um zur Kursseite zu gelangen.